Schuppenflechte (216) Teddybär
Die Klientin leidet an Schuppenflechte. In dieser Sitzung taucht
der Mustersatz: Alles was ich lieb habe, wird mir irgendwie weggenommen.“
auf - verbunden mit dem Entschluß, das Herz nie mehr wieder zu öffnen,
um nie mehr diesen Schmerz des Verlassenwerdens spüren zu müssen.
Es scheint auch so zu sein, dass sie sich zusätzlich mit der Schup-penflechte
vor diesem Schmerz schützt.
Ein früher Mit-Auslöser für diesen folgeschweren Mustersatz ist
der Verlus des Teddybärs in der Kindheit der Klientin, welcher von ihrer
Mutter einfach achtlos weggeschmissen wurde.
Die Klientin steht nach Einführung in den Entspannungszustand auf einer
gläsernen Treppe.
Th: Wie fühlt sich diese gläserne Treppe an? Kannst du da sicher hinuntergehen?
Kl: Ja, ich kann sicher hinuntergehen. - Die Klientin beginnt zu weinen. - Ich
weiß nicht, was jetzt ist, ich sehe überhaupt noch nichts.
Th: Deine Gefühle sind schon da.
Kl: Ich sehe nur direkt unter mir den Boden. Es ist ein Holzboden.
Th: Es ist ok., wenn deine Gefühle da sind. Laß sie da sein.
Kl: Es ist, als ob ich die Augen zumache, weil ich irgend etwas nicht sehen
will. ... Ich mache jetzt die Augen auf ... ich sehe jetzt alle Leute, die damals
um uns wa-ren, als ich mit Max zusammen war, mit denen ich jetzt wieder in Kontakt
gekommen bin. Da steht Robert, mein Exschwager. Hallo Robert, ich sprech dich
jetzt einfach mal an. - Die Klientin hat heftige Körperreaktionen und zittert.
- Da sehe ich noch Rudi. Ja, ich habe euch alle jetzt nach vielen Jahren wiedergesehen.
Ich hatte immer Angst euch wiederzusehen. - Die Klientin weint heftig.
Th: Zeig ihnen ruhig deine Gefühle, auch daß dein Körper zittert
...
Kl: Ja, mein Körper zittert, ich weiß noch gar nicht, warum? - Die
Klientin schildert, daß sich entgegen ihren Erwartungen alle gefreut haben,
sie wiederzusehen. - Aber irgendwie macht es etwas mit mir, es tut mir weh.
- weint - Ich schwebe irgendwie hoch und ihr seid da unten ... ich haue ab.
- Die Klientin soll sie direkt ansprechen. - Ich will nur wegrennen vor euch.
Da ist eine Angst vor euch allen, obwohl ihr mir nie etwas getan habt. Mein
Körper zittert die ganze Zeit. - Sie soll doch mal fragen, ob sie die Klientin
dabei haben wollen. - Wollt ihr mich da haben? - Sie nicken.
Th: Schau mal, ob es dir hilft, wieder zu ihnen runterzugehen. - Ja, dein Zittern
wird wieder stärker ... geh ruhig runter zu ihnen.
Kl: Ich bin jetzt wieder unten und ich spü-re schon die ganze Zeit, daß
links weit hinten der Max steht. ... Eigentlich nervt mich das völlig!
Th: Dein Zittern wird jetzt auch stärker. Laß es geschehen, zeig
dich ihnen so, wie du bist ... schon fast ein bißchen ausgeliefert, nicht?
- Die Klientin bejaht. - Du kannst sie ja mal fragen, warum du so eine Angst
hast vor ihnen, oder was da gerade mit dir passiert. Vielleicht haben sie dazu
etwas zu sagen, weil du gerade körperlich sehr heftig reagierst.
Kl: Ich weiß gar nicht, was mit mir los ist. Könnt ihr mir erklären,
was gerade mit mir passiert, weil ich so zitter? -Die Oberschenkel bis zum Becken
hoch, sowie die Füße zittern. - Könnt ihr mir etwas dazu sagen?
- Sie sagen - du hast Angst vor dir! - Das verstehe ich nicht ganz.
Th: Schau mal, ob du Angst vor deinen Gefühlen hast, wenn du sie siehst.
Kl: Habe ich Angst vor meinen Gefühlen, wenn ich euch sehe? ... Ja, sie
erinnern mich ...
Th: Sag ihnen, daß sie jetzt da sein dürfen.
Kl: Gefühle ... ich kann das nicht sagen!
Th: Sag ihnen, du magst es ihnen nicht sagen.
Kl: Ich mag das gar nicht sagen, daß ihr da sein sollt. Sie sind irgendwie
ganz groß vor mir, sie überwältigen mich.
Th: Sag es ihnen: ihr überwältigt mich, wenn ich euch erlaube ...
oder so etwas.
Kl: Als ich euch eben angesprochen habe, kamt ihr mir unheimlich groß
vor, als würdet ihr mich überwältigen. Ihr seid viel größer
als ich, da fühle ich mich so klein. Und da die Verkrampfung, ich zieh
die Schultern richtig hoch ... - Die Klientin ist hörbar körperlich
extrem angespannt, zittert, atmet stockend, bricht in lautes Weinen aus. - Wenn
ich euch nur verstehen könnte, ich versteh gar nicht, warum ich jetzt so
weine.
Th: Das ist ok, spür mal, da ist ganz viel in dir los.
Kl: Ich habe ständig den Max im Blickwinkel, den ich aber noch gar nicht
herankommen lasse. - Sie soll ihn direkt ansprechen. - Ich erahne dich richtig
ganz in meiner Nähe - ich laß dich auch gar nicht richtig an mich
herankommen.
Th: Erlaube deinem Körper einfach mal, was auch immer passiert. ... Und
dann geh langsam auf ihn zu!
Kl: Ich kann im Moment gar nichts sehen, gar nicht richtig sehen.
Th: Dann spür ihn mal, dein Körper spürt ihn schon.
Kl: Du siehst aber gar nicht so aus wie heute, du siehst aus wie damals.
Th: Es geht auch um den Max von damals. Spür mal, wie offen du jetzt bist
und geh ganz langsam auf ihn zu.
Kl: Ich stehe jetzt schon ganz schön nahe vor dir.
Th: Spür mal, was mit dir passiert, wenn du ihn spürst und so deutlich
vor ihm stehst, seine Präsenz wahrnimmst.
Kl: - spricht jetzt plötzlich ganz ruhig - Du hast auch die Kleidung von
damals an. Ich stehe jetzt ganz nah vor dir - und auch ganz offen. Ich warte
jetzt eigentlich nur darauf, was du machst.
Th: Erlaub dir jetzt mal, ihn ganz deutlich zu spüren.
Kl: Ich spüre jetzt ganz extrem meine Handinnenflächen. Als wollte
ich ihn an-fassen.
Th: Dann tu es! Überlaß dich mal dem, was dein Körper, was du
machen möchtest. Schau mal, was passiert.
Kl: Wenn ich nur alles deutlicher sehen könnte!
Th: Vielleicht geht es im Moment ums Fühlen!
Kl: Meine Hände bewegen sich irgendwie.
Th: Schau mal, was sie tun wollen.
Kl: - Pause - Ich habe ihn angefaßt, so im Gesicht, an der Schulter ...
als würde er sich ... der ist gar nicht echt! - Du bist gar nicht echt!
Eben habe ich so kurz ge-sehen, als sei er in Staub verfallen, wie aufgelöst.
Du wirst ganz klein!? ... Ich fasse ihn an und ...
Th: Dein inneres Bild von ihm löst sich auf. ... Wo ist deine Sehnsucht
nach dem Bild?
Kl: Ich habe keine!
Th: Wie fühlt es sich an, so allein hier zu sein?
Kl: So ganz ist er noch nicht weg. Je mehr ich ihn anfasse ... Ich merke nur,
daß er ziemlich klein ist vor mir. Du bist ziemlich klein. Immer wenn
ich ihn anfasse, fällt er zusammen. Jetzt schmilzt er in meinen Händen
...
Th: Dann laß ihn mal schmelzen. Die Erinnerung ist noch da, du berührst
ihn - und in der Berührung gibt es ihn nicht mehr: er schmilzt, löst
sich auf. Das heißt, du kannst ihn auch nicht mehr berühren. Was
ist mit deiner Schulter, ist sie so ganz ok?
Kl: Ja, mein ganzer Körper ist wieder locker. Er schmilzt immer noch!
Th: Du scheinst das Erinnerungsbild, sein Körperbild ja wirklich einzuschmelzen.
Kl: Hm, jetzt wird er irgendwie zu Sand. Ich kann das gar nicht glauben, deshalb
denke ich immer, er ist doch noch da. Aber ich sehe das Bild!
Th: Du kannst ihn ja bewußt, mental noch einmal herbeiholen. Dann siehst
du, ob er sich halten kann oder von selbst sofort wieder zusammen fällt.
Kl: Ich habe ihn jetzt erstmal wieder herbeigerufen, um zu gucken, ob er wieder
zerschmilzt. Um sich zu halten, müßte er wie ein Baumstamm sein.
Deshalb sehe ich ihn in dem Baum wie geschnitzt, so müßte er sein,
um sich zu halten.
Th: Probier mal aus, ob er sich hält, wenn du ihn dir so vorstellst.
Kl: Ich bin mir dabei so unsicher. In dem Baumstamm ist er ja wie eine geschnitzte
Figur. Das ist er ja nicht. Jetzt gucke ich immer nach hinten, wo Robert und
Rudi und alle anderen stehen, weil er vorhin auch da stand. Ich habe jetzt eine
Schippe genommen und einen Besen, da ist alles drauf von ihm. Ich stehe jetzt
vor Robert: Hallo Robert! Es ist alles sehr komisch, aber ich habe den Max hier
auf der Schippe! Er ist gerade zerschmolzen. Robert, du nimmst mich in den Arm,
gibst mir einen Kuß, wie du das immer machst. Nein, der Max, der da jetzt
steht, ist der heutige.
Th: Schön, daß er gekommen ist, ich hät-te ihn eh gleich gerufen.
Erkläre ihm mal, daß er der Max von früher ist, der da als Staub
auf der Schippe liegt. Schau mal, wie er darauf reagiert.
Kl: Hallo Max, ich traue dir nicht! Ich trau dir überhaupt nicht! ... das
kam mir gerade so. Ich habe dich eben noch einmal so gesehen, wie du damals
aussahst, dann habe ich dich berührt, da bist du zu Staub zerfallen. Den
habe ich jetzt hier auf dieser Schippe. Er sagt, dann wird es Zeit, daß
du ihn beerdigst. ... Ja, wollen wir das zusammen machen?
Th: Ja, das paßt: auch er beerdigt sein früheres Selbst. Es ist gut,
daß du ihn vor ein paar Tagen getroffen hast, da hast du auch den neuen
Max wahrgenommen. Und das heißt, auch wirklich Abschied nehmen. Staub
kommt normalerweise in die Urne oder wird über das Meer verstreut ...
Kl: Was machen wir denn jetzt damit? Irgendwie muß das in der Luft zerstreut
werden. - Die Klientin überdenkt mehrere Möglichkeiten. - Er meint,
es ist eigentlich egal wohin, Hauptsache weg! - Der Therapeut fordert sie auf,
es zu tun. - Ich habe es in den Mülleimer, in eine große Tonne getan.
Die Schaufel habe ich da-neben auf den Boden gelegt.
Th: Wie geht es Max jetzt?
Kl: Er reicht mir die Hand. Willst du Frie-den mit mir schließen? Ich
sehe gerade überhaupt nichts mehr.
Th: Das ist ok. Was fühlst du?
Kl: Ich spüre jetzt meine Beine ... so mit unsicheren Gefühlen weitergehen,
gar nicht wissen, wo man jetzt hingehen soll.
Th: Ok, sei noch einmal wie am Anfang oben auf der Treppe. Und du weißt,
daß du wieder hinabsteigst. Diese Treppe aus Acrylglas taucht auf ...
geh wieder Stufe für Stufe runter, so wie am Anfang. Dann schau mal, was
auftaucht.
Kl: Ein kleines Mädchen.
Th: Schau sie mal an, wer sie ist.
Kl: Sie sagt, meine Mama hat mir mein Spielzeug weggenommen.
Th: Was meint sie? Weißt du es? Frage sie.
Kl: Was meinst du damit, daß deine Mama dir dein Spielzeug weggenommen
hat? Sie deutet irgendwo hin. Soll ich da mal mit dir hingehen? ... Ihr Teddybär
liegt auch im Mülleimer.
Th: Frag mal das kleine Mädchen, ob der Teddybär der Max war?
Kl: Dieser Gedanke kam mir eben auch. War dieser kleine Teddybär Max? Sie
weint ... ja! Würde es dir helfen, wenn ich dir einen neuen Teddybär
kaufe? Jetzt hat sie nein gesagt.
Th: Hol ihr doch den Teddy raus aus dem Mülleimer! Sie will ihren Teddybär
haben und liebt ihn.
Kl: - weint - Sie hat ihn ganz fest in den Arm genommen, ganz fest gedrückt.
Th: Kannst du sehen oder spüren, daß du das bist?
Kl: - weint heftig - Was mache ich jetzt dagegen?
Th: Nichts dagegen machen! Das Mäd-chen hat seinen Teddybär wieder.
- Die Klientin weint. - Spür, ob das Mädchen glücklich ist? Sie
kann ihren Teddybär wieder liebhaben. Spür mal, daß auf einer
bestimmten Ebene der Max so wie ein Teddybär war. Du hast ihn geliebt,
wolltest ihn festhalten, für dich haben, er sollte für dich da sein.
Das kleine Mäd-chen in dir hat ihn als Teddybär genommen. Etwas zum
Schmusen, zum Lieb-haben, für die Sehnsucht, nicht allein zu sein. Vielleicht
hast du als Kind deinen Teddybär auch einfach verloren?
Kl: Ich weiß es nicht, daran erinnere ich mich nicht.
Th: Frage mal das kleine Mädchen.
Kl: Habe ich denn als Kind auch einen Teddybär verloren? Ich muß
da an meinen Vogel denken, einen Wellensittich. Meine Mutter hatte das Dachfenster
offengelassen und als ich aus der Schule kam, war er weg. Das ist auch ein Him-mel
- wie vorhin der Staub.
Th: Laß mal den Vogel auftauchen und spür mal, ob du die Traurigkeit
darüber verarbeitet hast. Er war dein Spiel-gefährte ...
Kl: Ich habe ihn jetzt auf dem Finger ... Ich hatte dich eigentlich nur ganz
kurz und noch gar keinen richtigen Bezug ... ich bin nicht sicher, vielleicht
hatte ich doch schon einen Bezug zu dir aufgebaut gehabt. - Mit Bestimmtheit
- Aber du hast mir gehört!
Th: Frage ihn mal, ob du ihn geliebt hast?
Kl: Habe ich dich geliebt? Ich fand ihn goldig, ja! Genau wie Max! Genau dasselbe.
Th: Dieses Sehnsuchtsmuster hast du einfach behalten. Der Max hat auch dieses
Sehnsuchtsmuster abgekriegt. - Die Klientin bestätigt. - Spür mal,
ob du dieses Sehnsuchtsmuster auch noch ge-genüber deiner Mama hast? Sei
mal das kleine Mädchen, die Sehnsucht nach ihrer Mama hat.
Kl: Hast du Sehnsucht nach deiner Mama? Irgendwie ist ihr der Teddybär
wichtiger.
Th: Was ist passiert, daß ihr der Teddy-bär so wichtig geworden ist?
Ist sie so alleine?
Kl: Warum ist der Teddybär dir so wichtig geworden? ... Er versteht mich.
Th: Ja, genau. Frag mal nach ihrer Mama, ob sie von ihr verstanden wird.
Kl: Wirst du von deiner Mama verstanden? ... Ja.
Th: Sie soll dich mal zu deiner Mama führen.
Kl: Sie kommt schon gerade selbst. - Die Klientin beginnt wieder zu weinen.
- Hallo Mama, du siehst aus wie damals, als ich so klein war. - Die Klientin
ist sehr bewegt.
Th: Zeig ihr mal deinen Teddybär.
Kl: Guck mal, hier ist der Teddybär von dem kleinen Mädchen. Ich weiß
nicht, ob du ihn damals weggeschmissen hast. Sie sagt: ach, der war doch so
kaputt!
Th: Aber das Mädchen hat die Sehn-sucht nach dem Teddybär behalten
... und der Max hat diese Sehnsucht abgekriegt. Erzähl deiner Mama, was
dadurch passiert ist.
Kl: Mama, ich hab Max genauso lieb gehabt wie diesen Teddybär. Und als
er dann weg war, hatte ich genau die gleiche Sehnsucht nach Max, wie als Kind
nach dem Teddybär. Und auch nach dem Vogel, der durch das Dachfenster weggeflogen
ist. Ich weiß gar nicht, was ihm passiert ist.
Th: Erzähl ihr auch, daß deine Krankheit, die später gekommen
ist, wahrscheinlich sehr viel mit deiner Sehnsucht zu tun hat.
Kl: Ja Mama, und später die Schuppen-flechte, die dann kam, hat wohl etwas
mit dieser Sehnsucht zu tun.
Th: ... oder mit dem Schutz davor.
Kl: Eben hatte ich den Satz im Kopf: endlich geliebt zu werden.
Th: Trotz Schuppenflechte geliebt zu werde? Um das zu spüren? Oder dich
abzuschneiden von der Nähe?
Kl: Eher abzuschneiden. Ich merke eben, daß da so etwas wegdrückt
ist. Ich wollte immer so etwas wie diesen Vogel, den Teddybär, die zu mir
gehören.
Th: Der immer für dich da ist, der nicht wegläuft, den du liebhaben
kannst, den du schmusen kannst, mit dem du sprechen kannst. - Pause - Schau
mal, wie deine Mutter jetzt reagiert?
Kl: Sie will mir etwas erklären, wir setzen uns in die Küche an den
Tisch. Sie fragt mich, ob ich dieses Gefühl spüren kann, wie zu diesem
Teddybär. Ja, dieses Ge-fühl kann ich spüren. Es ist Liebe, die
mir immer entrissen wurde. Und das hat mir immer sehr weh getan.
Th: Frag deine Mutter von damals, die jetzt am Küchentisch sitzt, ob es
ähnlich ist wie heute? Sie ist im Krankenhaus, sie ist nicht mehr da, sie
ist dir richtig entrissen worden ...
Kl: Wie du jetzt im Krankenhaus liegst, das ist ähnlich wie damals ...
Sie sagt: ja, du wirst mich verlieren. Das ist ja das, was mir so weh tut. -
Sie soll es ihr direkt sagen. - Das ist es, was mich so traurig macht, was mir
so weh tut. - Die Klientin weint.
Th: Zeig ihr, wie weh es dir tut. Sie soll sehen, wie weh es dir tut.
Kl: Es ist, wie den Teddybär verlieren.
Th: Ja, wie den Max verlieren.
Kl: Alles was ich lieb habe, wird mir irgendwie weggenommen.
Th: ... und du schützt dich davor mit der Schuppenflechte.
Kl: Ja. ... Ich bemerke schon wieder diese Haltung, der Arm ... Es ist meine
Schutzhaltung, weil alles weh tut.
Th: Und jetzt hast du diesen Mann kennengelernt und damit ist es jetzt wieder
aufgeflammt.
Kl: Ja, meine Mama nickt und auch das kleine Mädchen.
Th: Ist es vielleicht so, daß du dich instinktiv davor schützt, dich
neu zu verlieben? Weil das dann auch immer heißt, daß du ihn möglicherweise
verlierst ...
Kl: Ich habe es niemals zugelassen, daß mir das noch einmal passiert.
Ja, ich wollte mir nicht wehtun lassen! ... Ich merke, wie ich festhalte, wie
ich krampfe, wie der Hals zugeht. Ich verkrampfe mei-ne Arme wieder. - Sie soll
es ihrer Mama von damals erzählen. - Mama, ich verkrampfe mich am ganzen
Körper, weil dieses Gefühl wieder da ist, etwas zu verlieren, was
ich lieb habe. - gequält - Ah, meine Arme sind richtig steif!
Th: Wie reagiert deine Mama von da-mals?
Kl: Du mußt loslassen, sagt sie.
Th: ... oder sie ganz festhalten! Halte sie doch mal ganz fest. Spür mal,
daß du sie brauchst. Nimm sie einfach in den Arm und halte dich an ihr
ganz fest. - Die Klientin beginnt sehr heftig zu weinen. - Du brauchst sie als
kleines Kind, sag es ihr. Und sag ihr ruhig, sie soll bei dir bleiben.
Kl: Ich will ja gar nicht, daß sie da bleibt, weil es ihr so schlecht
geht.
Th: Sagt das als kleines Mädchen zu ihr.
Kl: Als kleines Mädchen?
Th: Ja, da brauchst du deine Mama, halt diese Mama fest. Du hast Angst, deine
heutige Mama zu verlieren, weil du dann die Mama von damals verlierst.
Kl: - wieder etwas gefaßter - ich sehe jetzt, wie ich sie ganz fest im
Arm halte.
Th: ... und geh in das kleine Mädchen von damals und spür in deinen
Armen und Händen, daß du sie festhälst. Und nimm den Teddybär
dazu. Und sag ihr ruhig: Mama ich brauch dich.
Kl: Mama, ich brauch dich, ich will nicht, daß du gehst. Ich will daß
du hier bleibst. - Sie soll es lauter sagen und dabei in sich spüren. -
Es fällt mir so schwer, in dieses Mädchen zu gehen und ihr das zu
sagen. Es geht nicht! Ich sehe sie, wie ich sie im Arm habe, auch den Teddybär,
aber da ist etwas wie abgeschnitten.
Th: Ja. ... Wir waren auch noch nie so tief in deiner Kindheit. Was ist damals
passiert? - Pause - Wenn deine Mutter heute geht, dann ist es so wie damals,
als irgendetwas passiert ist ... unwiederbringlich weg ist. Frag mal deine Mama
von damals.
Kl: Mama, an was erinnert mich das? Es ist meine Oma, die damals gestorben ist
als ich drei war. Die war auf einmal weg. Ich konnte das gar nicht verstehen.
Th: Laß die Oma noch einmal auftauchen.
Kl: Oma, ich möchte, daß du jetzt auch da bist. Du stehst jetzt vor
mir als ganz alte Frau ... Ja, warum bist du nicht mehr wiedergekommen? Sie
sagt: ich mußte sterben. Aber das konnte ich damals nicht verstehen.
Th: Ist das so ein erster, ganz heftiger Energieschock? Jemanden zu verlieren,
er ist plötzlich weg und du weißt nicht wo, was passiert ist?
Kl: Ich war verwirrt, jetzt ist sie weg.
Th: Geh mal in das kleine Mädchen und spür mal, ob du auch Angst hast,
deine Mama plötzlich zu verlieren?
Kl: Meine Mama verliere ich nicht - ist da in meinem Kopf.
Th: Also das Wissen ist da.
Kl: Ja. - Pause - Dann erinnere ich mich noch, als meine Patentante gestorben
ist. Sie war damals sehr wichtig für mich. - Sie soll diese Tante ansprechen.
- Du warst damals sehr wichtig für mich. Dich hatte ich so lieb wie meinen
Teddybär. Meine Geschwister haben mir damals erzählt, daß du
sehr schwer krank bist. Ich habe das eigentlich gar nicht kapiert, was sie von
mir wollen. Sie sagt: du konntest es nicht verstehen, du warst zu klein. Ja,
und dann warst auch du weg. - Bei meiner Oma war ich drei, bei meiner Tante
sieben Jahre alt. Ich weiß noch, wie sie draußen im Hof im Auto
weggefahren sind. Sie sind nachts ins Emsland gefahren, zu meiner Tante, die
Krebs hatte. Das habe ich aber erst später erfahren. Alle, die ich lieb
hatte, sind ge-gangen.
Th: Frag mal die beiden, ob du daher Max so festgehalten hast, ihn brauchtest?
Kl: Habe ich deshalb Max so festgehalten? Ja, was du geliebt hast, hast du sehr
festgehalten. - längere Pause, die Klientin muß auf Toilette (loslassen!)
- Musik wird eingespielt, sie kommt zurück, weint heftig.
Th: Laß mal alle, die du verloren hast, auftauchen. Laß sie mal
alle da sein. Auch den Max aus den Anfangstagen vielleicht ... Schau mal, ob
du dich in deinen Schutz zurückziehen kannst, wenn sie dich wirklich berühren
oder dich wieder erreichen ... ganz tief in deiner Seele ... und schau mal,
ob du sie berühren kannst ... - Die Klientin weint, der Thera-peut läßt
das Geräusch eines Bachs und leise Flötenmusik spielen. - ... und
laß dein Weinen da sein, zeig es ihnen ruhig. - Die Klientin schluchzt.
- Ist es die Sehnsucht nach der Verbindung mit ih-nen? Wenn sie da sind, dann
sprich mit ihnen, sag, was du ihnen sagen möchtest. Sag ihnen, wie es dir
jetzt geht.
Kl: Ich hab eben gesagt, daß es mir so weh getan hat, als sie gegangen
sind. Da steht jetzt meine Oma, meine Tante und Max. Meine Oma und meine Tante
sagen - vor allem meine Tante: Sie sind nie wirklich gegangen. Sie haben mich
also nicht allein gelassen. Ich soll mein Herz wieder aufmachen. - Die Klientin
bricht in heftiges Weinen aus. - Da ist eben ein riesengroßes NEIN, ich
mach es nicht mehr auf! - Laute Musik wird eingespielt.
Th: Spür mal, du hast es schon aufgemacht!
Kl: - wieder beruhigt - Meine Tante ist jetzt ganz nah vor mir. Du stehst ganz
dicht vor mir. Sie will mich in den Arm nehmen. Wir halten uns jetzt im Arm
... Jetzt werde ich irgendwie ganz weich ... am ganzen Körper.
Th: Wenn du magst, laß auch deine Mutter von heute da sein.
Kl: Eben war es so, als mich meine Oma in den Arm genommen hat, waren meine
Füße nicht mehr am Boden, ich schwebte. - Ich steh bei meiner Mama
am Bett, weil sie ja nicht zu mir kommen kann. Ich weiß nicht, was ich
sagen soll.
Th: Laß dein Herz offen sein, sie wird es wahrnehmen, du mußt nicht
unbedingt etwas sagen. - lange Pause -
Kl: Ich steh da ganz steif ...
Th: Was läßt dich erstarren? Was ist es?
Kl: - flüstert - Der Anblick! - Sie wird aufgefordert, es der Mutter zu
sagen. - Die Klientin weint. - Mama, dein Anblick ist ein richtiger Schock für
mich ... dich da so liegen zu sehen. Ich weiß gar nicht, ob du mich verstehst,
wenn ich so mit dir rede. Aber ich weiß, daß du spürst, wenn
ich da bin. (Anmerkung der Redaktion: Mutter liegt seit Monaten in sogenanntem
Wachkoma)
Th: Frage sie, ob sie dich versteht, dann soll sie mit dem Kopf nicken.
Kl: Verstehst du mich, wenn ich mit dir rede? - Nein. Wenn ich bei dir bin,
spürst du dann, daß ich da bin? - Ja ... so halb.
Bist du ganz weit weg, Mama? - Sie ist schon ganz weit weg, sie ist nicht mehr
richtig da.
Th: Möchte sie denn noch einmal wiederkommen oder ist es dort, wo sie ist,
einfach schöner für sie?
Kl: Möchtest du wiederkommen oder möchtest du da oben bleiben? - Sie
kann uns nicht allein lassen. Mama, du sollst nicht uns alleine lassen, du sollst
an dich denken.
Th: Frag sie, wen sie nicht allein lassen kann.
Kl: Wen kannst du nicht allein lassen? - Den Papa. Helft ihr beide euch dadurch
noch? Braucht ihr euch noch? - Sie kann ihn nicht allein lassen. Wirst du ihn
denn allein lassen? Jetzt schaust du mich ganz erstarrt an, daß ich diese
Frage stelle. Ich glaube schon, daß du ihn alleine lassen kannst. - Meinst
du?
Th: Frag doch mal deine Mutter, ob ihr beide noch etwas zu klären habt?
Kl: Mama, gibt es zwischen uns noch etwas, das geklärt werden muß?
- Beginnt wieder zu weinen - Sie will nur, daß ich glücklich werde
und gesund.
Th: Das würde bedeuten, du müßtest dein Herz wieder öffnen
... auch wenn es da irgendwo noch NEIN in dir gibt.
Kl: Ich habe ihr eben gesagt, daß - wenn sie geht - sie sich um Papa keine
Gedan-ken zu machen braucht. Ich habe mich so neben ihn gestellt, daß
ich auch für ihn da bin. Daß wir ihn also nicht allein lassen. Meine
Geschwister sind ja auch noch da. - Sie ist sich nicht sicher, ob sie schon
gehen kann.
Th: Kannst du denn schon gehen? - Kl. bejaht - Dann sag es ihr.
Kl: Mama, ich kann gehen.
Th: Wenn du jetzt mit allem ok. bist bis zu deiner Geburt, nimmst du Abschied
von deiner Mutter. Guck mal, ob du schon bereit dazu bist, ob du es schon kannst.
... Spür mal, ob du deine Mutter schon loslassen kannst.
Kl: Ja.
Th: Dann sag es ihr und guck mal, ob du dich so etwas wie bedanken kannst bei
ihr, dafür daß sie da war für dich. Sie war etwa 30 Jahre da
für dich.
Kl: Ich kann das gar nicht in Worte fassen, wie ich dir danken soll. Das kann
man nicht in Worte fassen. Was du alles für mich getan hast, wie sehr du
immer für mich da warst. Aber sie spürt meine Dankbarkeit.
Th: ... und sie hat dich begleitet bis heute, so daß du selbständig
in der Welt sein kannst. Das war auch ihre Aufgabe. Und damit hat sie auch ihre
Aufgabe erledigt.
Kl: Und sie hat mir sehr viel Liebe geschenkt!
Th: Ja, da mußt du auch dein Herz wieder öffnen, sonst - hm - verstaubt
es.
Kl: Und ihr gutes Herz, das sie immer hatte, das habe ich auch von ihr gelernt.
- Sie soll es der Mutter sagen. - Du warst immer gut zu anderen Leuten, das
habe ich auch von dir gelernt, da bin ich so wie du.
Th: Also lebt in dir doch etwas weiter, was ihr wichtig war.
Kl: Ja - die gute Seele! - lacht - Es ist irgendwie so, als müßte
man sie von meinem Papa wegreißen, damit die beiden getrennt werden.
Th: Ja, ja, die haben anscheinend eine alte Seelenverbindung.
Kl: Willst du denn noch bleiben? - Sie kann nicht mehr. - Das verstehe ich jetzt
nicht ganz. Sie weiß nicht, ob sie bleiben will oder nicht bleiben will.
Irgendwie würde sie schon gern bleiben, auch we-gen der Enkelkinder, sagt
sie. Irgend-etwas zieht sie aber auch auf die andere Seite. Der größte
Teil von ihr ist bereits dort. Sie muß ja bei sich bleiben.
Th: Wichtig in dem ganzen Prozeß ist vielleicht nur, ob du Hilfestellung
sein kannst oder mußt, ob deine Mutter noch irgendeine Forderung an dich
hat oder deine Unterstützung wünscht.
Kl: Möchtest du denn, daß ich noch irgend etwas für dich tu?
- Sie nickt. Und was wäre das? - Auf meinen Vater noch ein bißchen
aufpassen, aber dann meinen eigenen Weg gehen.
Th: Ok, spür, inwieweit du ihrem Wunsch entsprechen möchtest.
Kl: Ich habe das eben in den paar Sekunden schon wie gelebt, wie ich für
ihn da bin, aber trotzdem ... dann bin ich aber immer älter geworden und
war dann auch draußen vorm Haus, habe dann von außen, während
ich mein Leben lebe, immer mal zu ihm geguckt, ob da alles klar geht. - Möchtest
du sonst noch etwas von mir? - Hm, das versteh ich jetzt aber gar nicht, das
ist sicher nur mein eigener Wunsch: ich soll ein Baby auf die Welt bringen.
Th: Das muß sich ja nicht widersprechen. Frag mal, ob diese Dinge übereinstimmen
mit deinem eigenen Wunsch?
Kl: Übereinstimmen mit dem eigenen Wunsch? Meine Mama sagt: du hast ihn
nur verdrängt. Ja, das kann sein.
Th: Frag sie mal, ob es so etwas ist, wie etwas neues, eigenes in die Welt bringen.
Denn Kinder sollen ja immer Eltern fortsetzten, aber etwas eigenes hinzugeben.
Also auf der symbolischen Ebene ein Kind in die Welt setzten oder materiell,
körperlich, seelisch?
Kl: Ging es jetzt um das Baby oder das Baby als Symbol? - Um das Baby, das sei
etwas Wunderschönes. Komischer-weise steht Max mit mir in dem Zimmer ...
oder zumindest ein Teil davon.
Th: Dann frag ihn mal, was er damit zu tun hat.
Kl: Warum bist du jetzt eigentlich immer noch hier? ... Es ist jetzt der heutige
Max, ja nicht so ganz, so ein Mischmasch. Warum bist du denn jetzt hier? - Weil
wir auch so eng verbunden sind.
Th: Ist er Ausdruck für den Wunsch nach einem Baby und ist er mit ihm gekoppelt
ist?
Kl: Habe ich den Babywunsch mit dir in Verbindung gebracht? - Nein, eigentlich
nicht. Damals schon, aber dann habe ich mich anders orientiert, eben die Möglich-keit,
von einem anderen Mann ein Baby zu bekommen.
Th: Jetzt sag ihm das mal: mein Wunsch nach einem Baby ist nicht mit dir gekoppelt
... oder so etwas.
Kl: Mein Wunsch nach einem Baby ist nicht von dir abhängig. Und ich merke,
daß da irgendwie ein Trotz ist. Denn die anderen haben mich ja verlassen
durch den Tod, und auch der Teddy war weg, weil ihn mir jemand genommen hat.
Du stehst da aber anders in der Reihe: denn du bist von selbst gegangen.
Th: Eine Frage ist da noch: dieser Trotz, ist er mit diesem NEIN verbunden,
das da noch ganz hübsch laut im Hintergrund geschrieen hat, das dagegen
ist, daß du dein Herz öffnest.
Kl: Ja, ich wende mich gerade eben von ihm ab. Genau kann ich das gar nicht
beantworten.
Th: Es kann ja sein, daß du das klar wahrnehmen kannst, daß er nicht
der Partner ist.
Kl: Ja, ich orientiere mich gerade in eine ganz andere Richtung.
Th: Ok, mach dann noch einmal eine Vereinbarung mit dem NEIN, daß wir
das nächste Mal diesen Komplex bearbeiten, damit dein Herz dann - wie auch
immer - leichter aufgeht und nicht sofort dieses NEIN aktiviert.
Kl: Ja, du Gefühl, das so vehement NEIN dazu gesagt hat, überhaupt
noch einmal Gefühle zuzulassen, mit dir möchte ich mich irgendwann
noch einmal auseinandersetzen, beim nächsten Mal. ...
Th: Kannst du noch einmal deine Schup-penflechte auftauchen lassen als Bild
oder Symbol? Sag ihr mal, was du heute erlöst hast.
Kl: Schuppenflechte, ich möchte dich als Bild auftauchen lassen, ich will,
daß du jetzt mal da bist. ... Du bist ganz schön alt, gehst am Stock,
keine Kraft mehr. - Sie soll sie fragen, ob sie wieder ein Stück aufgelöst
hat - Sie nickt, ja! Sie geht wie ein ganz alter Mensch, gebeugt, Nase fast
auf dem Boden, kann sich kaum halten ... uralt! Sie sagt: du hast mich bald
geschafft.
Th: Bald ist sie erlöst und nicht geschafft! Sie darf sich dann auch endlich
auflösen.
Kl: Stirbst du dann auch irgendwann? Hebt noch so einen Zeigefinger, so als
‘wir sehen noch!’
Th: Vielleicht möchtest du sie aus Dank-barkeit wieder einmal umarmen?
Sie ist immer als Zeigefinger da für dich. Und sie hat auch dazu beigetragen,
daß du deinen Teddybär wieder gefunden hast.
Kl: Den habe ich ihr gerade gezeigt. Den Teddybär habe ich gerade in der
Hand ...